UMWELTATLAS HAMBURG5. Das haben wir nun davon - UmweltzuständeKapitelende Beschreibung des Einzugsgebiets der Elbe im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)Die WRRL betrachtet nicht nur den Hauptstrom (der Elbe), sondern die gesamte Fläche, die Nebenflüsse, das Grundwasser, also den Wasserhaushalt innerhalb einer Wasserscheide. Mit diesem Ansatz unterbindet die WRRL das besonders in Hamburg beliebte "Schwarze-Peter-Spiel", der Dreck komme ja von oben (früher DDR), wogegen Hamburg machtlos sei. Verantwortlich für den "guten ökologischen Zustand" der Flussgebietseinheit im Sinne der WRRL sind alle Bewohner, Unternehmen, Verwaltungseinheiten und politischen Gremien, egal, ob sie an der Quelle oder am Unterlauf liegen.Die Idee des "Einzugsgebiets" fordert vor allem von deutschen Wasserbehörden ein Umdenken, dem sie sich langsam, teils sogar widerwillig annähern, wie man an den Webseiten "Wasserblick" der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) ablesen kann. In der WRRL wird eine Bestandsaufnahme des physischen, ökologischen und chemischen Zustands gefordert. Trotz seines Umfangs ist der Anhang II jedoch keine exakte unmissverständliche Gebrauchsanweisung, welche Daten in welcher Form den Zustand beschreiben. Die WRRL bildet einen Rahmen, der so ausgefüllt werden soll, dass zunächst der theoretische gute Zustand aus den natürlichen Voraussetzungen abgeleitet, die darauf wirkenden Belastungen erfasst, die Abweichung vom guten Zustand gemessen, und die Handlungen vorgeschrieben werden können. Die Form der Bestandsaufnahme ist ähnlich vage umrissen. So soll ein geografisches Informationssystem (GIS) benutzt werden, das am Ende im Bericht an die EU-Kommission enthalten sein soll. Die deutsche Wasserbehörden ackerten die WRRL vorwärts und rückwärts nach konkreten Vorschriften durch, was sich in einer "Arbeitshilfe" der LAWA niederschlug. Extremes Ergebnis dieser kontraproduktiven Herangehensweise ist die Auffassung der Arbeitsgruppe "AD" der LAWA, ein Einleitungskataster als Karte müsse nicht erstellt werden, weil es für den Bericht an die EU-Kommission nicht ausdrücklich vorgeschrieben sei. AD = Ausschluss Daten! Sieht man sich um, welche Informationen über das Elbegebiet aus verschiedenen Gründen von verschiedenen staatlichen Stellen bereits gesammelt und veröffentlicht sind, stellt man fest, dass die Elbe ein sehr gut untersuchtes Flusssystem ist. Die IKSE z.B. hat ein Verzeichnis der Kläranlagen und der wichtigsten industriellen Einleiter im Elbegebiet aufgestellt. Die Wassergüte im Elbelauf wird von der ARGE Elbe in hoher zeitlicher und räumlicher Dichte überwacht. Das Forschungspojekt ELISE der Bundesanstalt für Gewässerkunde enhält eine Fülle von Detailuntersuchungen. Für das Tide-Estuar wurde wegen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung zur Elbvertiefung ein digitales Strömungsmodell programmiert. Dies sind nur wenige Beispiele. Wie die Datenschätze gehoben und in den Dienst der WRRL gestellt werden sollen, ist bis heute nicht erkennbar. Weder zwischen Deutschland und Tschechien, noch zwischen den deutschen Ländern zeichnet sich eine Organisation ab. Zu kritisieren sind aber auch die Umweltschutzorganisationen, die sich mit dem, was in einem Bewirtschaftungsplan Elbe stehen muss, kaum beschäftigt haben. Als Ausnahme ist die Grüne Liga zu nennen, doch stand bei ihrer Arbeit bisher die Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht im Mittelpunkt. Ein Anlass für den Förderkreis "Rettet die Elbe", sich seit 1987 mit den Aspekten der Wasserwirtschaft zu beschäftigen, die durch die WRRL aktuell geworden sind, war das Gutachten "Ökologische Darstellung des Unterelberaums" der Fa. Dornier-System. Es war von den Küstenländern in Auftrag gegeben worden, um die Umweltverträglichkeit der Raumentwicklung zu untersuchen, die damals unter dem Schlagwort "Industrialisierung des Unterelberaums" durchgesetzt wurde. Die Ergebnisse des Gutachtens wurden vor allem durch Karten dargestellt. Dafür mussten aus den beteiligten Ländern (analoge) Karten und Daten zusammengetragen und zu einer Bestandsaufnahme vereinheitlicht werden, was nicht nur enormen Fleiss, sondern ein Konzept erforderte, aus dem Datenschwall die aussagefähigen Informationen zu filtern. Um die so gewonnene Erfahrung und Methode auch anderswo zu nutzen, förderte das Umweltbundesamt das Gutachten mit beträchtlichen Geldmitteln und verlangte auch die Veröffentlichung (1986). Beim Aufbau des Karten- und Datenwerks zum Einzugsgebiet der Elbe lohnt es sich, das Dornier-Gutachten aus der Versenkung zu holen. Ein entscheidender Fortschritt zu jener Zeit ist aber, dass Hard- und Software und Daten nicht nur wenigen sehr teuer honorierten Experten zur Verfügung stehen, sondern für jedermann bezahlbar geworden sind. Die Bestandsaufnahme und der Bewirtschaftungsplan können demokratisch kontrolliert werden. An den folgenden Beispielen sollen die Anforderungen deutlich gemacht werden, die an die Bestandsaufnahme gestellt werden. Digitales GeländemodellDer US Geological Survey stellt Digitale Geländemodelle (DEM = digital elevation model) und Flächennutzungskarten im Internet zur Verfügung. Sie werden aus Satellitenaufnahmen abgeleitet und für alle Landgebiete der Erde angeboten. Das Gewässernetz wird von der Firma ESRI in Standardkartensätzen zu allen GIS-Produkten verteilt (Arcview). Das originale DEM des USGS wurde in das GIS "Idrisi" importiert und mit dem Elbeeinzugsgebiet wie ein Keks ausgestochen. Jedes Pixel der Größe von 1 km2 trägt die Information geografischer Länge, Breite und der Höhe über dem Meeresspiegel. Im Prinzip werden die Wasserscheiden aus einem DEM berechnet, wenn auch in diesem Fall das Einzugsgebiet aus einer Papierkarte digitalisiert wurde, weil das Modell des USGS im Tiefland zu grob ist. Die klassische Höhenbestimmung der Landvermessung ist zwar viel genauer, und dient damit der Eichung der Satellitenaufnahme, ist aber auch viel zeitraubender. Die DEM-Karte besitzt mehrere Eigenschaften, die im gesamten Kartenwerk vorausgesetzt werden müssen. Zunächst ist sie geografisch referenziert, d.h. die gekrümmte Erdoberfläche wurde mit definierten Parametern auf eine Ebene projiziert, wobei die unvermeidlichen Verzerrungen beim Übergang spärische Oberfläche - ebenes Blatt minimiert werden. Karten anderer Herkunft und Projektion können daran angepasst und exakt aufeinander gelegt werden. Über die günstigste Projektion für das Elbe-Gebiet müssen die beteiligten Länder eine Verabredung treffen. Über das (je nach Geschmack) eingängige Layout der Karte (s. auch 3dimensionale Darstellung) hinaus ist der entscheidende Vorteil der Karte, dass sie digital in einem GIS-Format zu verarbeiten ist. Aus den Höhenwerten können Steilheit und Orientierung der Hänge abgeleitet werden, aus diesen wiederum das Risiko der Bodenerosion oder der Akkumulation von Hochwässern. Die Information "Höhe über NN" ist ein Indikator mit vielen Funktionen, das DEM ein Schlüssel zu weiteren Karten. Als Beispiel siehe die Simulation des Oberflächenabfluss. Hydrologische KenndatenDas Einzugsgebiet der Elbe wurde in Anlehnung an die Daten der Bundesanstalt f. Gewässerkunde und der IKSE in Teileinzugsgebiete gegliedert. Für die Teileinzugsgebiete wurden die Pegel gewählt, die möglichst den gesamten Gebietsabfluss erfassen (im Tideelberaum werden die Abflüsse nicht mehr bestimmt). Die Daten stammen aus den Internetseiten der BAfG bzw. der Broschüre der IKSE "Bestandsaufnahme des vorhandenen Hochwasserschutzniveaus im Einzugsgebiet der Elbe". Flächenhaft dargestellt ist das Verhältnis von mittlerem Hoch- zu Niedrigwasserabfluss als Mass für die Varianz des Gewässersystems. Die Balken an den Pegeln zeigen den MHQ an.
Die Tabelle enthält die Kenndaten der Abflussmengen Q und der zugehörigen Pegelstände. Die Bedeutung der Hochwasserzahlen ist nach dem August 2002 unmittelbar einleuchtend. Die Niedrigwasserabflüsse sind das Mass der Empfindlichkeit gegen Schadstoffeinträge, d.h. die Kapazität, diese ausreichend zu verdünnen. Der für die Datenerhebung wichtige Aspekt ist die Bildung von Zeitreihen, z.B. zur Definition des "Jahrhunderthochwassers". Das Elbegebiet kann nicht mit einer Momentaufnahme beschrieben werden. Eine Bestandsaufnahme der Hydrologie wird in der LAWA-Arbeitshilfe nicht erwähnt (Arbeitshilfe = hilft Arbeit vermeiden). Wegen der besseren Handlichkeit ist beim Vollzug der WRRL von
den Behörden
das Elbegebiet unterteilt worden. Dies impliziert ein weiteres Problem
der Datenerhebung, nämlich die Wahl des Massstabs und der
räumlichen
Schärfe. Beim Dornier-Gutachten wurde eine Datenaufnahme im
Massstab
ca. 1:50000 im Abschlussbericht auf 1:200000 verallgemeinert, damit die
Ungenauigkeiten ausgeglichen wurden. Bei der WRRL wird nicht nur ein
Gesamtplan
für die Elbe mit einer Fläche von 150000 km2 im Massstab
1:500000
anzufertigen sein, sondern es wird politisch erwartet, die WRRL auch
auf
kleine lokale Einheiten anzwenden, z.B. das Alstergebiet mit 500 km2. GrundwasserDer Kartenausschnitt ist dem Dornier-Gutachten entnommen. Aus politischen Gründen wurde der Untersuchungsraum nicht am Einzugsgebiet ausgerichtet, sondern willkürlich auf das hamburgische Staatsgebiet und 10km-Streifen links und rechts der Elbe beschnitten. Es wird die Lage und Mächtigkeit der Grundwasservorkommen dargestellt. Es spielt keine Rolle, ob Trinkwasser entnommen wird. Im Unterelberaum ist die Versalzung durch Salzstöcke und Meerwasser ein Problem, das in den Karten verzeichnet wird. BelastungenEinwohnerdichteIm Standardkartensatz von ESRI sind Karten der Verwaltungseinheiten bis auf Kreisebene enthalten. Allerdings sind sie sehr unterschiedlich mit statistischen Daten aufgeladen. Für Tschechien liegen keine Statistiken bei. Hier dargestellt ist die Einwohnerdichte 1995. Daneben enthält die Kartentabelle eine Fülle von Zahlen, z.B. den Kraftfahrzeugbestand. Von jedem Einwohner gehen Belastungen aus,
Trinkwasserverbrauch, Abwasser,
Abgase aus Raumheizung und Kfz.-Nutzung (damit saure und nitrathaltige
Niederschläge). Es muss z.B. überprüft werden, wieviele
Einwohner an Kläranlagen angeschlossen sind. Daran schließt
sich ein Kataster aller Einleitungen aus Haushalten und Industrie an,
ob
direkt, oder indirekt über eine Kläranlage, und
selbstverständlich
aller Einträge auf anderen Wegen, z.B. über den Luftpfad. In
der WRRL wird mit Artikel 10 ein "Integrierter Ansatz" für die
Ermittlung
der Belastungen direkt aus Einleitungsrohren als auch diffus aus
Altlasten,
Regenwasserabfluss, Landwirtschaft, Bodenerosion usw. gefordert. FlächennutzungDie Karte wird wie das DEM vom USGS im Internet bereit gehalten. Eine detailliertere Auswertung der Satellitendaten wurde im gesamteuropäischen Projekt CORINE vorgenommen. Das Ergebnis liegt für Deutschland vor. An Einwohnerstatistik und Flächennutzung muss die Frage gestellt werden, auf welchen Zeitraum sie sich beziehen, d.h. ob man sie vergleichen kann. Während das DEM relativ lange Bestand hat, ändern sich demografische Eigenschaften, Flächennutzung, das ganze Belastungsszenario rasch. Die Satellitenbilder zur Flächennutzung (USGS wie CORINE) stammen aus der Zeit 1989 bis 1992. Berechnet man aus der landwirtschaftlichen Nutzung den Nährstoffeintrag, darf man die Messwerte aus 2001 für Stickstoff und Phosphor in Gewässern nicht vergleichen. Wasserbehörden halten gern den Fetisch der aktuellen Messwerte hoch. Zu den Belastungen zählt auch der Schiffsverkehr. Eine Wasserverkehrsmengenkarte bietet darüber hinaus Anhaltpunkte für eine wirtschaftliche Analyse der Wassernutzung. Nicht zu vergessen ist eine Bilanz der künftigen Belastungen, die sich aus anderen Planungen ergeben, z.B. der Raumordnung, der Verkehrswegeplanung, und Pläne zu einzelnen Projekten wie einer Elbvertiefung. Durch die WRRL müssen die Auswirkungen aller Pläne konzentriert dargestellt und bewertet werden. Ein Kataster, das die Belastungen inhaltlich und räumlich vollständig wiederspiegelt, ist weit und breit nicht vorhanden. Nach den Erfahrungen von "Rettet die Elbe" in Hamburg sind schon die einfachsten Datenbestände wie Wasserbuch und Überwachung der Betriebe in einem desolaten Zustand. Da heisst es für die Behörden, an die Arbeit zu gehen, statt in der LAWA zu spekulieren, welche Belastungen denn "signifikant" seien. Auch kleine Einleitungen können grossen Mist machen, also müssen auch sie gezählt werden. Ob sie eine signifikante Wirkung auf die Gewässer haben, weiss man erst hinterher. Mit der Diskussion um "Signifikanz" geht leicht das Prinzip verloren, dass Belastungen minimiert werden müssen. Zustand der UmweltDie WRRL hat das Ziel, dass in allen Gewässern der gute ökologische und gute chemische Zustand hergestellt oder erhalten wird. Der gute chemische Zustand wird durch Grenzwerte ("Qualitätsziele") definiert und gilt für alle Gewässer. Mit dem ökologischen Zustand ist die Sache komplizierter, denn die Massstäbe sind je nach Typ verschieden. Ein Gebirgsbach muss ein anderes Fischinventar aufweisen als ein Flachlandstrom. Ob das für ein Gewässer typische Pflanzen- und Tierinventar dort leben kann, hängt von bestimmten chemischen Parametern (Nährstoffe, Sauerstoff usw.) und physischen Faktoren ab (Wasserführung, Verbau usw.). Wird ein Gewässer als "erheblich verändert" oder "künstlich" deklariert, muss nur das "gute ökologische Potential" (besser geht's nicht) erreicht werden. Die herkömmliche Gewässergütekarte muss durch eine komplexe Darstellung ersetzt werden.Die bisherigen Messprogramme der Wasserbehörden
müssen nicht
nur um (ökologische) Parameter ergänzt werden, sondern die
gesamte
bisherige Praxis gehört auf den Prüfstand. Die Proben werden
bisher nicht an dem Ort und zu der Zeit genommen, wo kritische Werte
aus
dem Belastungsspektrum zu erwarten sind, z.B. Pestizidspritzungen zu
bestimmten
Jahreszeiten, Klärwerkseinleitungen bei Niedrigwasserabfluss. Das
nach dem integrierten Ansatz zu ermittelnde Kataster der Einträge
muss der Ausgangspunkt für eine neue Messstrategie werden. Es ist
eine gute Gelegenheit, die Auswüchse des "Messen nach Vorschrift"
zu kappen. Ein Beispiel aus Absurdistan ist der Vollzug der
EU-Fischgewässerrichtlinie
(die in der WRRL fortgilt). Danach haben die Länder
Fischgewässer
deklariert, in denen nun 12 mal jährlich Proben gezogen und auf
einige
chemische Parameter (z.B. Sauerstoff, Ammonium, Kupfer) analysiert
werden.
Dass kleinere Bäche manchmal gar trocken fallen, gehört nicht
zum Untersuchungsprogramm, ebensowenig, welche Fische in dem amtlichen
Fischgewässer vorkommen. Von den chemischen Werten her brauchen
sich
die Fische aber keine Sorgen zu machen, das garantiert der Staat. Zur
Aufnahme
eines Inventars der Fische und anderen Gewässerlebewesen als Teil
der Bewertung des ökologischen Zustands siehe den Beitrag "Fischprogramm". Forderungen an das Karten- und Datenwerk Elbe:Alle für den Wasserhaushalt relevanten Daten müssen in einem GIS versammelt werden.
November 2002 Lesestoff:
siehe auch deren Broschüren im pdf-Format zur integrierten Bilanz der Nährstoffeinträge im deutschen Elbegebiet und des Fischbestands der Sude Downloads:Die bei "Rettet die Elbe" und im UMWELTATLAS HAMBURG erarbeiteten Karten werden als ZIP-Dateien gepackt und zum Download bereitgestellt. Die verwendeten GIS Idrisi und Arcview/Arcexplorer unterscheiden sich grundsätzlich, da Idrisi mit Rasterdaten arbeitet (gut für Satellitenkarten, DEM, Ausbreitungsrechnung, Karten-Algebra; das Dornier-Programm war ebenfalls rasterorientiert), die Arc*Familie jedoch mit Vektordaten (Punkte, Linien, Flächen, denen jede Menge Daten angehängt werden können, gut für die Auswertung von Statistiken und Messprogrammen). Idrisi-Karten können in Arc* nur als bunte Bilder hinterlegt werden.DEM, Gewässer und Hydrologie (Idrisi;
Arc*) Nutzung (Idrisi; Arc*) update Dez. 2004 |