Die Wassertemperatur beeinflusst die Wasserqualität. Je wärmer das Wasser, desto weniger Sauerstoff kann darin gelöst werden, und desto aktiver sind die sauerstoffzehrenden Bakterien beim Abbau von Schmutzstoffen. Manche Fische, wie Karpfen, gedeihen bei Wärme prächtig, andere, wie Forellen, machen schlapp.
Zur Erinnerung: bei der Planung von Industrieansiedlungen und Atomkraftwerken Anfang der 70er Jahre gab es einen "Wärmelastplan" Tideelbe der Arbeitsgemeinschaft zur Reinhaltung der Elbe. Auf der untenstehenden Karte erkennt man die Atomkraftwerke Stade (1972 in Betrieb genommen), Krümmel (geplant) und Brunsbüttel (geplant), an das AKW Brokdorf dachte noch niemand öffentlich. Hamburgs Wärmebeitrag ist in einem großen Dreieck zusammengefasst. Die Klärwerke (soweit vorhanden) Hamburgs und des Umlandes brachten durch die Fracht abbaubarer Stoffe den Sauerstoffhaushalt regelmäßig im Sommerhalbjahr zum Zusammenbruch. Die Besorgnis, es werde noch schlimmer, wenn man die Brühe aufheize, wurde bestätigt. Aber da hatten die Behörden ja auch schon die DDR als „Schwarzen Peter“ entdeckt.
Die durch die letzte Elbvertiefung wieder häufiger auftretenden
Sauerstofflöcher, sowie die geplanten Kraftwerke an der Tideelbe
haben das Thema "Wärmebelastung" wieder auf die Tagesordnung
gesetzt.
Eine gute Datenbasis, das "Wasserwetter" in der Elbe zu beschreiben,
bietet das Wassergütemessnetz (WGMN) des Instituts für
Hygiene und Umwelt. An den drei Elbestationen Bunthaus,
Seemannshöft und Blankenese werden seit 1988 Standardparameter wie
Sauerstoffgehalt, Temperatur usw. bestimmt.
Über das Link in der Karte des WGMN gelangt man auch zur Online-Datenbank, aus der für nicht kommerzielle Zwecke die Daten kostenlos abgefragt werden können.
Der Jahresgang 2006 der Temperatur (Tagesmittelwerte) gemessen an der Station Bunthaus. Die Lücken in der Kurve entstehen durch Ausfälle oder Wartung des Messgeräts.
Legt man die Jahreskurven übereinander, erhält man ein recht wirres Bild. Um die Frage zu beantworten, wie sich die Temperaturen in der Elbe entwickelt haben, wurde deshalb die Zahl der warmen Tage eines Jahres gezählt. Die Messlücken wurden nach Plausibilität gefüllt, d.h., wenn eine Lücke zwischen zwei Tagesmitteln von über 20 °C liegt, wird auch die Lücke als über 20 °C gewertet. Die Annahme wird gerechtfertigt, weil Temperatursprünge von mehr als einem Grad von einem Tag auf den anderen kaum vorkommen, denn das große Wasservolumen der Elbe reagiert träge. Im Zweifel wurden die Daten der nächstgelegenen Station herangezogen, oder der fragliche Zeitraum mit den Kurzzeitwerten (10 min Mittel) untersucht. Ohne eine Korrektur könnten die Messlücken das Ergebnis verfälschen, da sie nicht regelmäßig auftreten, so dass etwa ein warmes Jahr nur deshalb als kühl gewertet würde, weil in dem Sommer besonders oft das Gerät ausfiel.
Als "warm" werden Wassertemperaturen gleich oder größer als 20 °C definiert, als "sehr warm" gleich oder größer als 24 °C. Betrachtet werden vollständige Jahre, also 1989 bis 2006.
Wassertemperaturen über 20 °C werden im Sommerhalbjahr von Mai bis September registriert. Die Zahl der warmen Tage schwankt von Jahr zu Jahr stark. Der (schwache) Trend weist an allen drei Stationen zu mehr warmen Tagen. Beginn und Ende der warmen Periode lassen in Anbetracht der Schwankungen keine Trendaussage zu.
Die Temperatur von 24 °C wird nur an wenigen Tagen im Jahr überschritten, am häufigsten an der Station Bunthaus. In vielen Jahren wurde der Wert in Seemannshöft und Blankenese gar nicht erreicht. In den herausragend warmen Jahren 1994, 1995, 2003 und 2006 allerdings gleichen sich die Temperaturen durchgehend in Hamburg an. Das mit der Flut einströmende Wasser bringt keine Abkühlung. Der Trend an allen drei Stationen zeigt eindeutig zu mehr sehr warmen Tagen.
Bei den kalten Tagen mit Temperaturen gleich und kleiner als 5 °C zeichnet sich kein Trend ab. Das ist gut für Kälte liebende Fische und sollte so bleiben.Bei niedrigerem Abfluss fließen die Wasser der Elbe und ihrer Zuflüsse langsamer durch das stärker aufgeheizte Einzugsgebiet und kommen häufiger wärmer in Bunthaus an als bisher. Die Marge für zusätzliche menschliche Wärmeeinträge wird geringer, und mit dem geplanten Kraftwerk Moorburg sicherlich überstrapaziert.
Verglichen mit den Schadstoffeinleitungen schien die Wärmebelastung trotz der enormen Dichte von Wärmekraftwerken an der Tideelbe als zweitrangig. Deshalb waren Informationen der Behörden spärlich, auch im Zustandsbericht, der 2005 zur Erfüllung der Wasserrahmenrichtlinie veröffentlicht wurde. Detaillierte Angaben wurden erst in den Gutachten zur Planung der Kraftwerke Peute und Moorburg gemacht. Sie werden hier als Tabelle und Karte wiedergegeben.
FIRMA |
VOL_M3_S |
T_MAX |
DELTA_T |
MEGAWATT |
|
1 |
Fischmarkt
Hamburg Altona |
0.03 |
28 |
8 |
1 |
2 |
Ispat Hamburg
Stahl |
0.04 |
30 |
10 |
2 |
3 |
Muellverbrennung
Rugenberg |
4.72 |
28 |
8 |
158 |
4 |
Oelmuehle Hamburg |
0.90 |
33 |
10 |
38 |
5 |
H+R Oelwerke
Schindler |
1.64 |
32 |
10 |
69 |
6 |
Klaerwerk
Schindler |
0.02 |
35 |
11 |
1 |
7 |
Holborn Europe |
3.70 |
33 |
10 |
155 |
8 |
Holborn Europe
Klaeranlage |
0.05 |
28 |
4 |
1 |
9 |
Shell Hohe Schaar |
0.09 |
31 |
7 |
3 |
10 |
Shell Harburg |
0.03 |
30 |
10 |
1 |
11 |
Kraftwerk
Moorburg |
64.40 |
30 |
6 |
1617 |
12 |
Noblee Thoerl |
0.20 |
30 |
8 |
7 |
13 |
Phoenix |
0.00 |
25 |
5 |
0 |
14 |
Deutsche Cargill |
0.44 |
28 |
3 |
6 |
15 |
Blohm und Voss |
0.04 |
30 |
10 |
2 |
16 |
Sasol |
0.08 |
28 |
10 |
3 |
17 |
Shell Grasbrook |
1.37 |
32 |
10 |
57 |
18 |
Kraftwerk
Tiefstack |
5.40 |
28 |
9 |
203 |
19 |
Affi, Norderelbe |
2.69 |
30 |
10 |
113 |
20 |
Affi,
Mueggenburger Kanal |
1.85 |
35 |
15 |
116 |
Nicht enthalten sind die Einträge von AKW Krümmel (geschätzt 2000 MW) und KW Wedel (ca. 200 MW). Wärmelasten werden immer noch nicht ernst genommen. Ihre Auswirkungen auf die Gewässer werden von den Wasserbehörden nicht gezielt gemessen. Während der in diesem Jahr sehr früh einsetzenden Temperaturerhöhung der Elbe berichtete die Bergedorfer Zeitung am 13. Juni 2007, das AKW Krümmel habe den Betrieb drosseln müssen, die schleswig-holsteinischen Behörden prüften die Wassertemperatur in Geesthacht. Ein besorgter Bürger maß nun selbst und fand höhere Temperaturen, so dass am 16. Juni die Behörde der BZ eingestand, sie messe am Kraftwerk gar nichts.
In Anbetracht der Klimaerwärmung und der Planung von Großkraftwerken ist zu hoffen, dass der Frage Wärmebelastung der Gewässer mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird.
erstellt Juli 2007
update August 2007, Vortrag bei Kolloqium "Abwasserwirtschaft" der TU Hamburg-Harburg, 6.9.2007