Pressemitteilung

Hamburg, den 28. Oktober 2011

Hamburger Hafengipfel – Neuer Hafenentwicklungsplan

Der Förderkreis »Rettet die Elbe« eV sieht die Beteiligung am Dialog zur Aufstellung eines Hafenentwicklungsplans (HEP) als positive Entwicklung für alle Beteiligten. Wir bedauern jedoch, dass von der Hamburg Port Authority (HPA) und der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) wesentliche Fragen zur Zukunft des Hamburger Hafens aus dem Dialog ausgeklammert wurden, nämlich die geplante Elbvertiefung, die zukünftige Finanzierung des Hafens, sowie die Finanzierung der notwendigen Flächenerweiterungen und Hinterlandanbindungen für den prognostizierten Umschlag von 25 Millionen TEU (Twentyfoot Equivalent Unit). In den Grundsatzdiskussionen wie in den fachlichen Workshops wurde durchgehend deutlich, dass eine nachhaltige Hafenentwicklung nicht gewollt und Umweltschutz nur in Randbereichen möglich sein könnte.

Strategie und Potential der Hafenentwicklung

Alle Planungen setzen wie im Entwurf des schwarz-grünen Senats das Ziel, den Containerumschlag von 8 Mio. TEU im Jahr 2010 auf 25 Mio. TEU im Jahr 2025 zu verdreifachen. Gemäß der vom Hamburger Weltwirtschaftsinstitut im Auftrag von HPA entwickelten Ideologie müsse der Hafen als Drehscheibe (engl. Hub) noch weiter wachsen, um in der Konkurrenz zu Rotterdam und Antwerpen nicht unterzugehen. Weder ökonomisch noch (klima)ökologisch ist die Hamburger Hafenpolitik nachhaltig.
»Rettet die Elbe« setzt der irrationalen Hafenpolitik entgegen, dass der Hafen nicht über die Grenzen hinaus wachsen kann, die von der Entwicklung der Stadt zu setzen sind. Sich zu bescheiden, nur so viel Fracht umzuschlagen, wie unter den wirtschaftlich und geografisch gegebenen Bedingungen gewinnbringend zu leisten ist, und den Rest anderen europäischen Häfen zu lassen, ist unser Leitgedanke.
Nicht beachtet wurde im Hafendialog, dass sich im Ostseeraum, im Mittelmeerraum und am Schwarzen Meer bestehende Häfen wie zum Beispiel Danzig, Triest und Odessa zu Hubs entwickeln, die näher an den sich entwickelnden europäischen Wirtschaftsräumen liegen als die heutigen Großhäfen der Nordrange. Hamburgs Behörden, Hafenunternehmen und Forschungseinrichtungen können ihr Know-how anbieten, in den neuen Mitgliedsstaaten der EU umweltverträgliche Häfen und Logistikeinrichtungen zu schaffen. Der Hamburger Hafen muss im Kontext der europäischen Integration geplant werden.
Der Hafen Hamburg selbst kann seine Ressourcen statt für eine logistische Drehscheibe besser für wertschöpfungsintensive Industrie einsetzen, die den Standort am seeschifftiefen Wasser nutzt.

Flächen- und Infrastrukturbedarf des Hafens

Den Containerumschlag zu verdreifachen bei zumindest Beibehaltung des Niveaus des Massenguttransports und der Industrieproduktion kann nur gelingen, wenn innerhalb und ausserhalb des Hafens die Infrastruktur erweitert würde. Dafür müssten direkt im Hafen Flächen bereitgestellt werden, aber auch indirekt im Umland, nicht zu vergessen Ausgleichsflächen für Eingriffe in die Natur.
Mehr von allem – Container, Stückgut, Massengut, High-Tech-Industrie – wird von HPA erträumt. Die knappen Flächen im Hafen reichen nicht aus, alle Wünsche konfliktfrei zu bedienen. Schrumpfende Branchen – die Shell will ihre Raffinerie 2013 schließen – werden ignoriert. Im Workshop zur Flächenplanung wurde den Experten zugemutet, für Randbereiche kühne Pläne zu machen. Von HPA und BWVI nicht gewollt war zu diskutieren, wo über widerstreitende Interessen planerisch entschieden werden muss, z.B. im Kernbereich Steinwerder Häfen oder über die Fläche der Shell.
Eine Entwicklung der Flächen Altenwerder-West für Hafenzwecke wird von »Rettet die Elbe« abgelehnt, weil der Talraum der Alten Süderelbe für einen ökologischen Bypass neben den Containerterminals offen zu halten ist. Auf die Hafenerweiterung nach Moorburg sollte endgültig verzichtet werden.
Die Hafenwirtschaft legte eine Wunschliste für einen weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur vor, die kein Projekt von der Binnenwasserstraße Elbe bis zur Elbquerung auslässt, egal wie umstritten und wie wenig es finanzierbar ist.
»Rettet die Elbe« setzt dagegen, dass die Infrastruktur des Hafens keines großräumigen Ausbaus, sondern einer qualitativen Verbesserung des Bestands bedarf.

Seewasserstrasse

Die Statistiken der tatsächlichen Schiffstiefgänge auf der Unterelbe zeigen deutlich, dass die Containerschiffe weder den tideunabhängigen noch den tideabhängigen möglichen Tiefgang ausschöpfen, der ihnen seit der letzten Elbvertiefung 2000 geboten wird. Eine weitere Vertiefung der Unterelbe ist deshalb nicht erforderlich.

Bahn

Bessere Wartung, schnellere Reparaturen, mehr Ausweichgleise im Bahnnetz, einheitliche Technik bei Signalen und rollendem Material erhöhen die Kapazität des bestehenden Netzes, so dass auch eine wachsende Wirtschaft im Einzugsgebiet des Hafens bedient werden kann.

Straße

Bessere Wartung und schnellere Reparaturen erhöhen die Kapazität des bestehenden Netzes, so dass auch eine wachsende Wirtschaft im Einzugsgebiet des Hafens bedient werden kann.

Binnenschiffe

Die Ober- und Mittelelbe genügt mangels Wasserführung nicht den Ansprüchen an eine wirtschaftliche leistungsfähige Wasserstraße. Allenfalls eine Modernisierung des Elbe-Seiten-Kanals, z.B. des Schiffshebewerks Scharnebek, ist eine realistische Option, die Hinterlandanbindung zu verbessern.

Der Hafen muss den Hafen finanzieren

Nachdem die „Hafenmilliarde“ aus dem Verkauf von 30% der HHLA aufgezehrt sein wird, soll der Hafen mit 100 Mio. € pro Jahr aus dem Stadthaushalt bezuschusst werden. Wie hoch die Subvention wohl wird, wenn der Umschlag verdreifacht und die Infrastruktur entsprechend höhere Unterhaltungskosten fordert, diese Frage wurde von der BWVI nicht erlaubt.

schnapp1.gifStellungnahme von "Rettet die Elbe" zum Entwurf des HEP vom Februar 2011