UMWELTATLAS HAMBURGSTADT UND LANDSCHAFT1.4.1 Verlagerung von Betrieben aus der HafencityKapitelendeAn die Behörde für Umwelt und Gesundheit
16.9.2002 Betr. Antrag auf Zulassung einer Ausnahme nach §28 Hamb. Naturschutzgesetz
für ein Grundstück auf der Hohen Schaar, Ihr Schreiben vom 1.8.02
Sehr geehrte Damen und Herren! Sie forderten uns im Ihrem Schreiben vom 1.8 auf, bis zum 23. 8. Stellung zu nehmen. Da Sie Ihr Schreiben mit der Behördenpost an unser Mitglied Dr. Baumgardt schickten, der erst am 19.8 aus dem Urlaub zurückkehrte, konnten wir die Frist nicht einhalten. Wir betrachten den Vorgang als nicht ordnungsgemäß zugestellt. Ungeachtet dessen wollen wir uns auch nicht einem solchen Termindruck beugen. In den Sommerferien eine so knappe Frist zu setzen, ist eine Unverschämtheit, mit der Sie und die Antragsteller den Naturschutzverbänden signaliseren, dass Sie auf unsere Meinung keinen Wert legen. Es geht hier schließlich nicht um eine übliche Ausnahme vom Naturschutz, z.B. zwecks Biotopkartierung vom Weg abzuweichen, sondern um die unwiderrufliche Zerstörung einer großen wertvollen Biotopfläche. Dass die Kaffee-Lagerei Hinsch umgesiedelt werden soll, ist seit 5 Jahren absehbar. Die Wirtschaftsbehörde hat sich nach der Mitteilung an die Bürgerschaft, Drs. 17/893 vom 24.5.02, zwei Monate Zeit gegönnt für ihren Antrag. Da meint ausgerechnet das Naturschutzamt, den Durchpeitscher geben zu müssen! Wir monieren zunächst folgenden Fehler des Antrags: der Senat hat mit der Drucksache 17/893 die Bürgerschaft von seinem Beschluss unterrichtet, die KLG zu verlagern, jedoch kann der erst wirksam werden, wenn die Bürgerschaft dem Petitum folgt, im Wirtschaftsplan des Sondervermögens die Verplichtungsermächtigung für Verlagerungskosten zu erhöhen. Aus den vorgelegten Unterlagen ist eine Zustimmung der Bürgerschaft nicht abzulesen. Diese muss von den Antragstellern belegt werden. In der Sache ist zuvorderst zu prüfen, ob der Eingriff vermieden werden kann. Hierzu bieten sich zwei Möglichkeiten die KLG wird nicht verlagert. Vom Antragsteller wird kein triftiger
Grund angeführt, d.h. eine gesetzliche Vorschrift wie das Bundesimmissionsschutzgesetz,
warum eine Kaffeelagerei nicht in Nachbarschaft zu einem Wohngebiet bestehen
kann. Im Prinzip können Geruchsbelästigungen durch technische
Anlagen vermindert werden, und das zu geringeren Kosten als die einer Verlagerung
des Betriebs. In Hamburg findet man zahlreiche Nachbarschaften mit ähnlichen
Konflikten zwischen Wohnen, Büros und Gewerbe. Eine Verlagerung oder
Schließung des störenden Betriebes wird nur in den seltensten
Fällen in Erwägung gezogen. Aus der Stellungnahme der Behörde
für Wirtschaft und Arbeit vom 29.7.02 erwächst der Verdacht,
es gehe bei den Gerüchen der KLG um ein "Image- und damit Vermarktungsproblem".
Wer viel Geld für eine Wohnung in der Hafencity ausgeben soll, ist
vermutlich anspruchsvoller als der Anwohner bzw. Angestellte eines Büros
neben einem Stärkekocher auf dem Hammerbrook oder einem Kaffeeröster
in Hamm Süd. Die Antragsteller müssen zunächst die technischen
Möglichkeiten der Emissionsminderung prüfen, und sodann Präzedenzfälle
anführen, wie Konflikte in ähnlichen Lagen gelöst wurden.
Eine Stellungnahme der BUG ist erforderlich. Die Baubehörde (Stadtentwicklung)
hat darzulegen, dass Stadtteile mit geringem Sozialstatus nicht schlechter
behandelt werden als die reiche Hafencity. Anders ausgedrückt: wieviele
Betriebe müssten in Hamburg zu welchen Kosten verlagert werden, wenn
so strenge Massstäbe angelegt würden, wie an die KLG in der Hafencity?
Als Naturschutzbehörde werden Sie unsere Argumente leicht nachvollziehen können und den beantragten Eingriff auf der Hohen Schaar untersagen. Der eigentliche ökologische Skandal liegt nicht in der unmittelbaren Zuständigkeit des Naturschutzamts. Die KLG ist ein moderner blühender Betrieb, der noch längst nicht verschlissen ist und ersetzt werden müsste. Wegen eines unausgegorenen und ideologischen Konzepts von Stadtentwicklung namens "Hafencity" sollen Gebäude und Maschinen im Wert von 50 Mio. Euro vor ihrem Verfallsdatum abgerissen und auf den Müll geworfen werden. Für den Neuaufbau werden vorzeitig und unnötig Rohstoffe und Energie verschwendet. Die BUG tritt dem nicht entgegen, obwohl sie die Bundesländer als Vorbilder für nachhaltige Entwicklung auf dem Weltgipfel in Johannesburg vertrat. Die BUG ist so keine ernstzunehmende Behörde, sondern ein Kasperltheater. Mit freundlichem Gruß
für den Förderkreis »Rettet die Elbe« eV
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Lesestoff:
Kapitelbeginn Die Hafencity - Clash of Cultures Ein Fassadenwettbewerb und ein "Masterplan" |