Das Kursbuch
...er hat'n knall knall knallgrünes Gummiboot
"Wenn ein Kapitän nicht weiß, welches Ufer
er ansteuern soll, dann ist kein Wind der richtige."
Auf den römischen Philosophen Seneca beruft sich der Umweltsenator
Alexander Porsche im Vorwort zu seinem "Kursbuch Umwelt". Seneca diente
dem Kaiser Nero als Lehrer und Berater. Nero entwickelte sich aber zum
Despoten, der den ratschlagenden Seneca schliesslich zum Selbstmord zwang.
Wir wollen die Parallelen in dem Fall nicht weiter ziehen, jedoch bei einem
anderen Römer anknüpfen. "Es ist schwer, keine Satire zu schreiben!"
seufzte Juvenal.
Das "Kursbuch Umwelt" verführt zur Satire, wenn "die Löffelente
- eine echte Europäerin" als Beispiel beschrieben wird, "wie notwendig
in der heutigen Zeit solche staatenübergreifenden Netzwerke von Schutzgebieten
sind", von denen nur eines, wenn zerstört, zur Gefährdung der
ganzen Art führen könne. Die Zerstörung des Rastplatzes
der Löffelente im Mühlenberger Loch wird im Kursbuch nicht erwähnt.
So könnte man das "Kursbuch Umwelt" bereits abhaken. Doch
"Rettet die Elbe" hat alle 290 Seiten durchsucht, um herauszufinden, ob
das Kursbuch an irgendeiner Stelle seinem Anspruch gerecht wird. Wird es
nicht. Das hat einen eínfachen Grund: das Kursbuch setzt sich nicht
mit den absehbaren Entwicklungen auseinander, die der "Nachhaltigkeit"
entgegenwirken.
"Der Elbe geht es immer besser" heisst es im Kursbuch, sogar im Hafen.
Im Text widerspricht sich das Kursbuch dabei ständig selbst, denn
von den strömungsarmen Hafenbecken, die eine so "bedeutende Rolle
für die Natur" spielen sollen, wurden etliche in jüngster Zeit
zugeschüttet, die Gesamtsituation demnach verschlechtert. Was bleibt,
ist das Guanofleet. Kennen Sie den? Wir zeigen diesen Witz gern auf unseren
Alternativen Hafenrundfahrten. Die Elbvertiefung, der wirklich gravierende
Eingriff, wird an anderer Stelle im Kursbuch beschönigt als Naturdenkmal
"Findling". Die Umweltbehörde denkt nicht mal daran, eine erneute
Elbvertiefung könne bis 2050 ein Thema werden. Kann man Autisten die
Bestimmung des Kurses überlassen?
Nachdem die Kraft-Wärme-Kopplung mit dem Abriss des Kraftwerks
Hafen um 115 Megawatt ersatzlos reduziert wurde, soll mit jährlich
0,7 MW in Blockheizkraftwerken die KWK gefördert werden. Somit
wäre Hamburg im Jahr 2165 wieder auf dem Stand von 1998. Dabei soll
der Kurs der Bundesregierung unterstützt werden. Welchen Kurs welche
Bundesregierung nach den nächsten 12 möglichen Kurswechseln bis
2050 wohl steuert?
Im "Stadtentwicklungskonzept" der Stadtenwicklungsbehörde, noch
unter der Regie von Senator Mirow verabschiedet, werden ein integratives
und ein expansives Szenario für Hamburg beschrieben. Letzterem, dem
expansiven Leitbild "Eurogate", folgt der Senat derzeit. Allein für
die Erweiterung des Airbuswerks werden in diesem Jahr 160 ha Gewerbefläche
geschaffen, für die Zulieferbetriebe werden etliche Hektar dazukommen.
Das Kursbuch hingegen will den Zuwachs an Siedlungsflächen (Verkehrs-,
Wohn-, Hafen- und Gewerbefläche) auf 66 ha pro Jahr begrenzen. In
welchem Szenario denkt eigentlich der Umweltsenator?
Was würden Seneca und die anderen Denker, die von der Umweltbehörde
zitiert werden, zum "Kursbuch Umwelt" sagen, hätten dessen Verfasser
jene um einen sinnigen Spruch gebeten?
Lass nach, ihr kriegt nicht mal ein Gummiboot über'n Stadtparksee!
also, Kurs Hamburg!
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Meilensteine - eine Würdigung Hamburger Umweltpolitik
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