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Gewerkschaften und Hafen

Liebe KollegInnen,

am 4. Februar 2005 haben die Kollegen Rose und Kamin im Namen des ver.di-Bezirks Hamburg dringend die Vertiefung der Fahrrinne von der Nordsee zum Hafen und entsprechende Investitionen vom Land und der Bundesregierung gefordert. Sonst k�men die neuen Schiffe mit 14,50 m Tiefgang nicht mehr nach Hamburg. Seeverkehr sei die umweltvertr�glichste Verkehrsform, und die �kologischen Risiken seien beherrschbar. Der Hafen sei eine Jobmaschine. Weil diese Kundgebung im Schatten der Port Package von der Presse nicht gro� herausgebracht wurde, wurde sie gesondert am 14.2. wiederholt.

Der Kollege Rose geht von falschen Voraussetzungen aus, sowohl �kologisch als auch �konomisch. Seine Forderungen sind darum verfehlt. Wenn das Geld des Staates einseitig in den Hafen gepumpt wird, werden andere Bereiche vernachl�ssigt. Wo bleibt da die Solidarit�t?

1. Die Vertiefung wird nicht gebraucht

Schon vor der letzten Elbvertiefung 1998 liefen die Schiffe der Regina-Maersk-Klasse, die erste Generation mit einem Konstruktionstiefgang von 14,50 m, regelm��ig den Hafen Hamburg an. Weil sie nie vollbeladen waren, fuhren sie tats�chlich nur mit Tiefg�ngen zwischen 9 (!) und 11 Metern. Bis heute hat sich daran kaum etwas ge�ndert, wie die Statistik beweist, die vom Amt f�r Strom- und Hafenbau gef�rchtet wird, weil sie die Behauptung widerlegt, die Vertiefung sei unbedingt erforderlich. Das Amt versuchte vergeblich, die Statistik geheimzuhalten, sondern musste sie nach einem Spruch des Verwaltungsgerichts dem F�rderkreis "Rettet die Elbe“ herausr�cken. Auf dessen Webseiten h�ngt sie nun. Lies nach, Kollege!

http://www.rettet-die-elbe.de/elbvertiefung/tief_ab.htm

Warum aber nutzen die gro�en Containerschiffe ihre Kapazit�t nicht aus? Sie nutzen sie in Hamburg nicht aus, sondern erst am Ende einer Tingeltour durch die europ�ischen H�fen. In keinem Hafen gelingt es, 8000 TEU zu einem Zeitpunkt f�r ein einzelnes Schiff zusammenzustellen. Hamburg liegt am �stlichen Ende der Tour. Falls ein Container nicht rechtzeitig am Terminal eintrifft, bieten die Reeder Zuladungstermine in Rotterdam, Le Havre ... an. D.h., es werden bewusst noch Pl�tze freigehalten. Und wenn der Kunde in Honkong die Box schnell haben will, wird sie mit dem Lkw dem Dampfer hinterhergejagt. Solange Hamburg nicht nach Westen verlagert wird, wird der volle Tiefgang nie gebraucht.

Lord Jeffrey Sterling, Chef der Reederei P & O, auf die Frage des Abendblatts 20.4.2004, ob die Tiefe der Elbe ausreiche: "Unsere Linienschiffe kommen seit vielen Jahren nach Hamburg. Bisher gab es mit dem Tiefgang keine Probleme, weil die Frachter aus Asien zuvor in anderen H�fen Ladung l�schen und so nicht mehr voll beladen die Elbe befahren.“

Warum die Logistik-Konzerne trotzdem die Elbvertiefung fordern, liegt vielleicht auch daran, dass sie flexibler zwischen den H�fen disponieren und dabei die an ihren Ort gebundenen Hafenarbeiter austricksen k�nnen.

2. Verheerend f�r die Umwelt

Wolfgang Rose, verdi-Landeschef: "Der Seeverkehr ist die umweltvertr�glichste Verkehrsform."

Es ist Quatsch, den Seeverkehr mit anderen Transportmitteln zu vergleichen, denn niemand will ernsthaft die Container von China fliegen oder mit dem Lkw. fahren. Die neuen Containerschiffe werden nicht nur gr��er, sondern schneller, so dass der Treibstoffverbrauch pro Tonnenkilometer sich vervielfacht, �brigens ein Treibstoff, der so dreckig ist, dass er an Land noch nicht einmal zum Teerkochen taugt. Der Seeverkehr wird so sehr subventioniert, dass sein Preis f�r das Transportgut kaum eine Rolle spielt, wodurch die Summe der Transportwege verl�ngert wird. Das Beispiel Joghurtbecher, dessen Bestandteile einen Transportweg von 8000 km hinter sich haben, gilt noch mehr f�r Seeg�ter. Nachhaltig und umweltvertr�glich ist das alles nicht.

Wolfgang Rose, verdi-Landeschef: "Die �kologischen Bef�rchtungen durch die Fahrrinnenanpassung 1999 sind nicht eingetreten. Die verf�gbaren Erkenntnisse und Fakten lassen den Schluss zu, dass die �kologischen Risiken und Belastungen beherrschbar und begrenzbar sind."

Die Beweisaufnahme zeigt, dass die �kologischen Verschlechterungen eingetreten sind, die im Planverfahren von den Umweltschutzorganisationen bef�rchtet wurden. Der Tidenhub und die Str�mungsgeschwindigkeit haben sich erh�ht. Die Erosion der Fahrrinne hat sich versch�rft, daf�r verlanden die Flachwasserbereiche umso schneller. Der Sauerstoffhaushalt der Elbe ist gest�rt, denn nach der letzten Vertiefung traten im Fr�hsommer immer l�nger andauernde "Sauerstoffl�cher" unterhalb des Hafens auf. Vor allem dieser Effekt ist nicht beherrschbar, und eine erneute Vertiefung wird ihn ausweiten. Der Fischbestand hat sich nach der Vertiefung signifikant ver�ndert: �ber 90% des Fischs in der Tideelbe besteht heute aus Stint, gegen�ber 70% vor zw�lf Jahren. Das sollte gerade zur Vorsicht mahnen, weil man noch nicht alles �ber das �kosystem versteht, bevor man erneut drauf los baggert.

3. Fantasiejobs

150.000 Jobs hingen in der Metropolregion direkt und indirekt vom Hafen ab, behauptet die Wirtschaftsbeh�rde. Vor einem halben Jahr sollte die Zahl noch f�r Hamburg allein gelten, so dass in der Hafenwirtschaft zigtausende Arbeitspl�tze abgedampft sind. Ausgedacht hat sich die Wirtschaftsbeh�rde genau diese Zahl 1993, um die Hafenerweiterung in Altenwerder schmackhafter zu machen. Das beinhaltete den Trick mit den indirekt abh�ngigen Jobs, zu denen wahrscheinlich auch die Damen auf St. Pauli gerechnet werden.

Eine aussagekr�ftigere Statistik bietet der Hafen Rotterdam, der dreimal mehr Tonnen als Hamburg umschl�gt und wesentlich mehr Industrie umfasst. Im Jahr 2003 wurden dort 58.739 Besch�ftigte gez�hlt, 2.818 weniger als im Jahr 2000. Wenn in Hamburg seri�s gez�hlt w�rde, k�me man sicherlich auf sehr viel weniger Jobs als 58.000 oder gar die 150.000, und die abnehmende Tendenz w�rde sich wie in Rotterdam ebenfalls zeigen. Denn in allen H�fen wird noch schneller rationalisiert als der Umschlag w�chst.

Kollege Kamin (Betriebsratsvorsitzender Gesamthafenbetrieb) sch�tzt, im Containerbereich w�rden j�hrlich 250 Menschen neu eingestellt. Fakt ist, dass der gr��te Hafenbetrieb HHLA mit dem gr��ten Zuwachs im Containerumschlag 1998 3090 Menschen besch�ftigte, 2003 deren 3364, ein j�hrlicher Zuwachs von 55 Leuten pro Jahr. Auch mit dem jetzt aufgelegten Investitionsprogramm bis 2011 geht es in diesem bescheidenen Tempo weiter, obwohl mit einer Verdoppelung des Containerumschlags kalkuliert wird. Die Bodenhaftung verliert Kollege Kamin v�llig in einem Artikel in "ver.di publik":

"So kann der Hafen als Jobmaschine betrachtet werden. Je nach politischer Interessenlage wird die Folge f�r jeden Arbeitsplatz im Containerumschlag mit f�nf bis 25 Arbeitspl�tzen beziffert. Einer wissenschaftlichen �berpr�fung halten diese Aussagen allerdings nicht stand."

Wie wahr der letzte Satz ist! Beh�rde und Unternehmer brauchen nur das Zauberwort "Arbeitspl�tze" zu sprechen, damit Gewerkschaftler allen kritischen Verstand verlieren.

110.000 KollegInnen sind in Hamburg in ver.di organisiert – wieviele davon arbeiten im Hafen? Werden es mehr oder weniger? Wenn der Bezirksvorstand mal diesen Fragen nachgeht, sieht er die Arbeitspl�tze im Hafen vielleicht realistisch.

4. Staatsgeld gerecht verteilen

Die Elbvertiefung soll von Senat und Bundesregierung bezahlt werden, verlangt ver.di Hamburg. Beim hamburgischen Senat rennt ver.di ein offenes Tor ein. Die Bundesregierung wird dagegen von Forderungen aus Hamburg, Bremen und Niedersachsen belagert, so dass sie die Qual hat, wohin sie das knappe Geld verteilt. In den Eckpunkten zum Hafenkonzept des Bundesumweltministeriums wird vorgerechnet,

"Schon f�r die Realisierung der in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans eingestellten Wasserstra�enprojekte werden jedoch Finanzmittel in H�he von 5,1 Mrd. Euro ben�tigt, f�r die bis zum Jahr 2015 nur 900 Mio. Euro zur Verf�gung stehen."

Das sollte ver.di nicht als Bluff abtun, am Ende h�tte der Bund immer gezahlt. Wenn die Betonk�pfe Stolpe und Clement sich durchsetzen, wird er auch diesmal zahlen, aber dann soll ver.di nicht klagen, wenn an anderer Stelle gespart wird, dass es der Mehrheit der KollegInnen richtig weh tut. Der hamburgische Senat wird hinzuf�gen, wegen der Hafeninvestitionen von 740 Mio. Euro bis 2009 bliebe wohl keine andere Wahl, als Landesbetriebe zu verkaufen, Sozialkram zu streichen und – besonders beliebt bei Gewerkschaften – berufliche Weiterbildung herunterzufahren. Aus dem Tr�mmerfeld, das der Senat bei den Bildungstr�gern hinterlassen hat (bef�rdert auch durch Misswirtschaft der gewerkschaftsnahen Tr�ger), ragt die Hafenarbeiterfachschule noch hervor. Je h�here Subventionen der ver.di-Vorstand f�r die Hafenwirtschaft fordert, desto weniger wird f�r die KollegInnen in anderen Branchen und am Ende f�r die Zunft der Hafenarbeiter �brig bleiben.

Selbstverst�ndlich sollte es sein, sich wenigstens unter den Hafenarbeitern zu einigen, welche Forderungen zum Hafenausbau in Wilhelmshaven, Bremen und Hamburg (eigentlich sogar in Rotterdam und Antwerpen) gestellt werden. Der ver.di-Vorstand Hamburg h�lt es mit der Devise, wer zuerst bellt, kriegt den dicksten Knochen.

5. Was nun?

Vor 26 Jahren bin ich der Gewerkschaft bei der ersten Gelegenheit beigetreten, weil, wer lohnabh�ngig arbeitet, geh�rt da rein. Deswegen bleibe ich bei ver.di. Aber die umweltfeindlichen und gegen�ber den KollegInnen aus anderen Branchen unsolidarischen Aktionen des hamburgischen Bezirksvorstands werde ich nicht weiter mit meinem Beitrag unterst�tzen. Ich habe deshalb die Einzugserm�chtigung widerrufen und �berweise nur noch die H�lfte des bisherigen Beitrags. Die andere H�lfte kriegt der F�rderkreis "Rettet die Elbe" eV.

Mit solidarischen Gr��en

Klaus Baumgardt

PS: Ein Mitglied des Bezirksvorstands Hamburg von ver.di teilte mir mit, dass kein Beschluss des Bezirksvorstands zur Elbvertiefung vorl�ge, sondern Rose selbstherrlich gehandelt habe. Im Umweltbereich sind bereits KollegInnen aus ver.di ausgetreten wegen der �ffentlich vertretenen Haltung des Bezirksvorsitzenden.

Webseite erstellt Februar 2005

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