Der Förderkreis »Rettet die Elbe« eV sieht die
Beteiligung am Dialog zur Aufstellung eines Hafenentwicklungsplans
(HEP) als positive Entwicklung für alle Beteiligten. Wir bedauern
jedoch, dass von der Hamburg Port Authority (HPA) und der Behörde
für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) wesentliche Fragen zur
Zukunft des Hamburger Hafens aus dem Dialog ausgeklammert wurden,
nämlich die geplante Elbvertiefung, die zukünftige Finanzierung des
Hafens, sowie die Finanzierung der notwendigen Flächenerweiterungen
und Hinterlandanbindungen für den prognostizierten Umschlag von 25
Millionen TEU (Twentyfoot Equivalent Unit). In den
Grundsatzdiskussionen wie in den fachlichen Workshops wurde
durchgehend deutlich, dass eine nachhaltige Hafenentwicklung nicht
gewollt und Umweltschutz nur in Randbereichen möglich sein könnte.
Strategie und Potential der Hafenentwicklung
Alle Planungen setzen wie im Entwurf des schwarz-grünen
Senats das Ziel, den Containerumschlag von 8 Mio. TEU im Jahr 2010
auf 25 Mio. TEU im Jahr 2025 zu verdreifachen. Gemäß der vom
Hamburger Weltwirtschaftsinstitut im Auftrag von HPA entwickelten
Ideologie müsse der Hafen als Drehscheibe (engl. Hub) noch weiter
wachsen, um in der Konkurrenz zu Rotterdam und Antwerpen nicht
unterzugehen. Weder ökonomisch noch (klima)ökologisch ist die
Hamburger Hafenpolitik nachhaltig.
»Rettet die Elbe« setzt der irrationalen Hafenpolitik
entgegen, dass der Hafen nicht über die Grenzen hinaus wachsen kann,
die von der Entwicklung der Stadt zu setzen sind. Sich zu bescheiden,
nur so viel Fracht umzuschlagen, wie unter den wirtschaftlich und
geografisch gegebenen Bedingungen gewinnbringend zu leisten ist, und
den Rest anderen europäischen Häfen zu lassen, ist unser
Leitgedanke.
Nicht beachtet wurde im Hafendialog, dass sich im
Ostseeraum, im Mittelmeerraum und am Schwarzen Meer bestehende Häfen
wie zum Beispiel Danzig, Triest und Odessa zu Hubs entwickeln, die
näher an den sich entwickelnden europäischen Wirtschaftsräumen
liegen als die heutigen Großhäfen der Nordrange. Hamburgs Behörden,
Hafenunternehmen und Forschungseinrichtungen können ihr Know-how
anbieten, in den neuen Mitgliedsstaaten der EU umweltverträgliche
Häfen und Logistikeinrichtungen zu schaffen. Der Hamburger Hafen
muss im Kontext der europäischen Integration geplant werden.
Der Hafen Hamburg selbst kann seine Ressourcen statt für
eine logistische Drehscheibe besser für wertschöpfungsintensive
Industrie einsetzen, die den Standort am seeschifftiefen Wasser
nutzt.
Flächen- und Infrastrukturbedarf des Hafens
Den Containerumschlag zu verdreifachen bei zumindest
Beibehaltung des Niveaus des Massenguttransports und der
Industrieproduktion kann nur gelingen, wenn innerhalb und ausserhalb
des Hafens die Infrastruktur erweitert würde. Dafür müssten direkt
im Hafen Flächen bereitgestellt werden, aber auch indirekt im
Umland, nicht zu vergessen Ausgleichsflächen für Eingriffe in die
Natur.
Mehr von allem –
Container, Stückgut, Massengut, High-Tech-Industrie – wird von HPA
erträumt. Die knappen Flächen im Hafen reichen nicht aus, alle
Wünsche konfliktfrei zu bedienen. Schrumpfende Branchen – die
Shell will ihre Raffinerie 2013 schließen – werden ignoriert. Im
Workshop zur Flächenplanung wurde den Experten zugemutet, für
Randbereiche kühne Pläne zu machen. Von HPA und BWVI nicht gewollt
war zu diskutieren, wo über widerstreitende Interessen planerisch
entschieden werden muss, z.B. im Kernbereich Steinwerder Häfen oder
über die Fläche der Shell.
Eine Entwicklung der Flächen Altenwerder-West für
Hafenzwecke wird von »Rettet die Elbe« abgelehnt, weil der Talraum
der Alten Süderelbe für einen ökologischen Bypass neben den
Containerterminals offen zu halten ist. Auf die Hafenerweiterung nach
Moorburg sollte endgültig verzichtet werden.
Die Hafenwirtschaft legte eine Wunschliste für einen
weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur vor, die kein Projekt von
der Binnenwasserstraße Elbe bis zur Elbquerung auslässt, egal wie
umstritten und wie wenig es finanzierbar ist.
»Rettet die Elbe« setzt dagegen, dass die
Infrastruktur des Hafens keines großräumigen Ausbaus, sondern einer
qualitativen Verbesserung des Bestands bedarf.
Seewasserstrasse
Die Statistiken der tatsächlichen Schiffstiefgänge auf
der Unterelbe zeigen deutlich, dass die Containerschiffe weder den
tideunabhängigen noch den tideabhängigen möglichen Tiefgang
ausschöpfen, der ihnen seit der letzten Elbvertiefung 2000 geboten
wird. Eine weitere Vertiefung der Unterelbe ist deshalb nicht
erforderlich.
Bahn
Bessere Wartung, schnellere Reparaturen, mehr
Ausweichgleise im Bahnnetz, einheitliche Technik bei Signalen und
rollendem Material erhöhen die Kapazität des bestehenden Netzes, so
dass auch eine wachsende Wirtschaft im Einzugsgebiet des Hafens
bedient werden kann.
Straße
Bessere Wartung und schnellere Reparaturen erhöhen die
Kapazität des bestehenden Netzes, so dass auch eine wachsende
Wirtschaft im Einzugsgebiet des Hafens bedient werden kann.
Binnenschiffe
Die Ober- und Mittelelbe genügt mangels Wasserführung
nicht den Ansprüchen an eine wirtschaftliche leistungsfähige
Wasserstraße. Allenfalls eine Modernisierung des Elbe-Seiten-Kanals,
z.B. des Schiffshebewerks Scharnebek, ist eine realistische Option,
die Hinterlandanbindung zu verbessern.
Der Hafen muss den Hafen finanzieren
Nachdem die „Hafenmilliarde“ aus dem Verkauf von 30%
der HHLA aufgezehrt sein wird, soll der Hafen mit 100 Mio. € pro
Jahr aus dem Stadthaushalt bezuschusst werden. Wie hoch die
Subvention wohl wird, wenn der Umschlag verdreifacht und die
Infrastruktur entsprechend höhere Unterhaltungskosten fordert, diese
Frage wurde von der BWVI nicht erlaubt.
Stellungnahme von "Rettet die Elbe" zum Entwurf des HEP vom Februar 2011