Förderkreis »Rettet die Elbe« eV 
Kapitelende
PRESSEERKLAERUNG 5.2.1999
DA-Erweiterung Mühlenberger Loch
Bilanz 1. Woche Erörterung
Der Hamburger Senat demonstriert seit dem 1.Februar seine Entschlossenheit,
der Daimler/Chrysler Airbus in Hamburg - Finkenwerder Erweiterungsflächen
für einen Produktionsstandort für das Airbus-Modell A3XX zu schaffen.
Den EinwenderInnen in der Friedrich-Ebert-Halle in Hamburg-Harburg wird
mit allerlei Schikanen deutlich gemacht, daß der Senat von ihren
Argumenten nichts hält. Nachdem in den ersten beiden Sitzungstagen
die organisatorischen und Verfahrensfragen abgehandelt wurden, kam man
am Donnerstag und Freitag zur Sache, nämlich ob überhaupt und
besonders in Hamburg Bedarf für den A3XX besteht.
Schikanen und einseitige Verhandlungsführung
Alle Anträge der Einwender und von Anwälten, die solche vertreten,
die auf 3 Wochen angesetzte Erörterung so zu organisieren, daß
die Teilnahme und Information über den Verlauf den BürgerInnen
erleichtert wird, z.B. Beginn der Termine am Nachmittag statt morgens,
Führung eines Wortprotokolls, Ausgabe eines Ergebnisprotokolls vom
Vortag, wurden von der Planfeststellungsbehörde abgelehnt. Die Anträge,
die schriftlich gestellt werden müssen, werden nur mündlich beschieden.
Der Versammlungsleiter, Regierungsdirektor Hartmann-Heuer, legt keinen
Wert auf Aufklärung von Sachverhalten, wenn Fragen der Einwender nicht
oder ausweichend von den "Antragstellern" beantwortet werden.
Antragsteller und Planfeststellungsbehörde unterstehen demselben
Amt, dem für Strom- und Hafenbau. Schon diese Tatsache weckt Besorgnis,
die Planfeststellungsbehörde könne nicht objektiv die Argumente
abwägen. Ein diesbezüglicher Antrag von Rettet die Elbe (s. Anlage)
wurde jedoch ohne triftige Gründe zurückgewiesen.
Gefahr für das ganze Mühlenberger Loch
Ein Passus in den Antragsunterlagen legt den Verdacht nahe, die Airbus
Industries werde den A3XX nur an das Hamburger Werk vergeben, wenn über
die jetzt beantragten 140 ha Nutzfläche eine Option auf weitere Fläche
geboten werde (Rostock wirbt betont mit diesem Angebot). Antragsteller
und Planfeststeller versuchten abzuwiegeln, heute ginge es nur um die 140
ha, weigerten sich aber auch, den Passus einfach zu streichen. Es ist also
doch etwas dran: sollte der erste Teil des Mühlenberger Lochs zugeschüttet
sein, wird DA Appetit auf mehr Fläche äußern, und mit Verweis
auf die Antragsunterlagen wird der Senat sein Versprechen erfüllen
wollen.
Ist der A3XX "zukunftsbeständig"?
Senat und Bürgerschaft haben sich mit der Unterschrift unter die Aalborg-Charta
verpflichtet, die Politik der Stadt in besonderer Weise an den Zielen "Schutz
des Klimas" und "Zukunftsbeständigkeit" auszurichten. Ohne Frage ist
der rasant wachsende Luftverkehr ein Faktor, der das Klima beeinflußt
(Anlage, Studie des Umwelbundesamts ). Ob Hamburg
in rein ökonomisches Wachtum oder in einen Struktur- und Bewußtseinswandel
investiert, wurde bei der Planung des A3XX nicht berücksichtigt, wie
sich auch in der Erörterung bestätigte.
Arbeitsplätze
Der operative Gewinn des Daimler-Konzerns ist im Jahr 1997 von 2,4 auf
4.3 Milliarden DM um rund 80 Prozent gestiegen, der Umsatz stieg um rund
17 Prozent, der Aktienkurs hat sich veranderthalbfacht. Im letzten Jahr
wurden weltweit 10.000 Arbeitsplätze geschaffen, das entspricht einer
Steigerung von 10%. In Deutschland nahm die Zahl der Beschäftigten
aber nur um gerade mal 1 Prozent zu (Daimler-Benz Jahresbericht von 1997).
Diese Zahlen legen in jedem Falle Zweifel an der Behauptung nahe, allein
durch die DA-Erweiterung würden 4.000 neue Arbeitsplätze geschaffen.
Die Wirtschaftsbehörde und ihr Gutachter konnten keine konkreten Gründe
für die Behauptung nennen. Der Vertreter der DA, Geschäftsführer
Puttfarcken, schwieg vorsichtshalber. Das Gerücht um die neuen Arbeitsplätze
ist der Nasenring, an dem der Senat sich von der DA herumführen läßt.
Die hamburgischen Statistiken zu staatlichen Investitionen, Arbeitslosen
und Beschäftigten lassen nicht den Schluß zu, ein Vorhaben wie
die DA-Erweiterung könnte einen positiven Einfluß haben (
Anlage Statistik). Befürchtet wurde von mehreren BürgerInnen
vielmehr, da die Stadt Hamburg sich das Geld leihen müßte, daß
der resultierende jährliche Zinsaufwand zu massiven Abbau von Stellen
in Kindergärten, Schulen und öffentlichen Einrichtungen führen
werde.
Fehlende Nutzen-Kosten-Untersuchung nach Landeshaushaltsordnung
In bezug auf Flächeninanspruchnahme und Haushaltsmittelbindung zählt
die DA-Erweiterung mit zu den größten Projekten die Hamburg
je in Angriff genommen hat. Im 7 der Hamburger Landeshaushaltsordnung sind
für "geeignete Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung"
Nutzen-Kosten-Untersuchungen vorgeschrieben mit dem Ziel, optimale Handlungsstrategien
zu ermitteln. Erst nach erfolgter Analyse kann überhaupt festgestellt
werden, ob sich aus der geplanten Maßnahme ein Nutzen zum Wohle der
Allgemeinheit ergeben kann.
Der Antragsteller lehnte in der Erörterung eine Nutzen-Kosten-Untersuchung
ab, weil dazu die Zahlen veröffentlicht werden müßten,
in welcher Höhe der Senat das Vorhaben subventionieren will. Damit
wird zugegeben, daß die Subventionen über das nach den europäischen
Richtlinien zulässige Maß weit hinausgehen. Der Senat versucht,
seine Wirtschafts- und Finanzpolitik jeder demokratischen und rechtsstaatlichen
Kontrolle zu entziehen. Weil der Förderkreis Rettet die Elbe bei der
EU-Kommission Beschwerde wegen Verstoßes gegen das Beihilfeverbot
nach Artikel 92 EG-Vertrag eingereicht hat, wurde er gar vom Wortführer
der Antragsteller, Gutachter Bodo Fischer, verdächtigt, zugunsten
fremder Mächte gegen Hamburg zu arbeiten.
Anlage 1
Antrag auf Befangenheit
Förderkreis Rettet die Elbe
2.2.1999
Die Planfeststellungsbehörde in Person von Herrn Hartmann-Heuer
wird wegen Befangenheit von ihrer Aufgabe entbunden.
Begründung:
Da die Planfeststellungsbehörde demselben Amt (Strom- und Hafenbau)
unterstellt ist, das den Antrag und die Mittel hat, die Planunterlagen
zu erarbeiten und den Antrag für das Vorhaben zu stellen und zu vertreten,
ist die Unabhängigkeit und Objektivität der Planfeststellung
nicht gewährleistet. Folgende Gründe ergeben sich hierfür
aus den Planunterlagen, dem bisherigen Verlauf der Erörterung und
einer gezielten Befragung unter dem Tagesordnungspunkt "Befangenheit der
Planfeststellungsbehörde".
Im Gegensatz zur Eilentscheidung des OVG vom 23.09.1996 in der Sache
Hafenerweiterung Altenwerder tritt das Amt Strom- und Hafenbau nicht als
Antragsteller auf, der eine Infrastrukturmaßnahme zur allgemeinen
Nutzung durch (Hafen)Betriebe anstrebt, und zwar auf Grundlage eines zu
diesem Zweck geschaffenen Gesetzes (HafenEG).
Der Antrag des Amtes Strom- und Hafenbau zur Erweiterung der DA soll
dem wirtschaftlichen Erfolg eines einzelnen Unternehmens dienen. Die Pläne
müssen so beschaffen sein und festgestellt werden, dass die DA später
mit wirtschaftlichem Erfolg den A3XX bauen kann. Das Amt Strom- und Hafenbau
verknüpft mit dem Antrag unmittelbar ein Gewinninteresse. Gewinnmindernde
Auflagen im Planbeschluss muss das Amt deshalb vermeiden.
Die Wirtschaftsbehörde, Amt Strom- und Hafenbau, Abteilung Planung,
hat eine "Planungsgesellschaft Finkenwerder" (PGF) in der privatrechtlichen
Form einer GmbH gegründet. Die PGF nutzt den bislang im Amt beschäftigten
Herrn Wiedemeyer als Geschäftsführer sowie Räume und Sachmittel
in der Wirtschaftsbehörde, Alter Steinweg 4. Auf Befragen verweigerten
die Antragsteller jede Antwort, welchen Umsatz die PGF tätigt, ob
Herr Wiedemeyer weiterhin von der Behörde bezahlt wird und ob die
PGF die Einrichtungen im Alten Steinweg entgeltlich nutzt.
Das Amt Strom- und Hafenbau betreibt hier in erheblichem Umfang ein
privates Unternehmen, das unmittelbares Interesse am wirtschaftlichen Erfolg
des Vorhabens DA-Erweiterung hat, wobei es in Form der Planfeststellung
selbst das Maß des wirtschaftlichen Erfolgs bestimmt.
Das Amt Strom- und Hafenbau verfügt schließlich über
einen Haushaltstitel für die Planungskosten in erheblicher Höhe,
der allein dadurch ein Gewicht bei allen Entscheidungen des Amtes haben
wird. Auf Befragen verweigerten die Antragsteller, vertreten durch den
Gutachter Herrn Bodo Fischer, jede Auskunft zur Höhe des/der Titel/s
oder gar zur Verteilung der Mittel an Gutachter, für Werbemittel und
dergl.
Die Planfeststellungsbehörde und ihre Personen sind weiterhin Teil
und Beschäftigte des Amtes Strom- und Hafenbau und unterstehen dessen
Amtsleiter. Nach Auskunft des Leiters der Anhörung, Herrn Hartmann-Heuer,
wurde ihm keinerlei Weisung erteilt, welches Ergebnis das Verfahren haben
solle. Nach Auskunft von Herrn Hartmann-Heuer wurden jedoch keine Vorkehrungen
getroffen, die Planfeststellungsbehörde auch strukturell abzusichern,
damit Entscheidungen des Amtes und seines Leiters keinen Einfluss ausüben,
wenn sie in der Eigenschaft des Amtes als Antragsteller oder Unternehmer
getroffen werden. Es ist z.B. kein Budget eingerichtet, über das der
Leiter der Anhörung ohne Zustimmung des Amtsleiters entscheiden könnte.
Aus den obenstehenden Gründen besteht die Besorgnis der Befangenheit.
Anlage 2
Der A3XX ist ein Projekt, das Einfluß auf das globale Klima hat.
Das Umweltbundesamt hat in einer Studie ÑNachhaltiges Deutschland (E.Schmidt
Verlag 1997) den Beitrag der Verkehrsträger zu den Kohlendioxid-Emissionen
(in Mio.t) festgestellt und für verschieden Szenarien prognostiziert.
| Szenario |
1990 |
1995 |
2005 |
2010 |
| Status Quo |
13 |
16 |
28.6 |
35.8 |
| Effizienz |
|
|
22 |
26.9 |
| Struktur- und Bewußtseinswandel |
|
|
16.2 |
16.2 |
Der Beitrag des Luftverkehrs der am schnellsten wachsende.
Aalborg-Charta
I.7 Soziale Gerechtigkeit als Voraussetzung für eine
Zukunftsbeständigkeit der Stadt
"Wir werden versuchen, solche Arbeitsplätze zu schaffen, die zur
Beständigkeit der Gemeinschaft beitragen, um damit die Arbeitslosigkeit
zu vermindern. In unseren Bemühungen um die Ansiedlung von Unternehmen
oder Schaffung von Arbeitsplätzen werden wir die Auswirkungen der
Geschäftsideen auf die Zukunftsbeständigkeit prüfen, um
die Schaffung von Langzeitarbeitsplätzen und die Herstellung von langlebigen
Produkten im Einklang mit den Grundsätzen der Nachhaltigkeit zu fördern."
Anlage 3
Beschäftigte, Arbeitslose, offene Stellen und Kurzarbeiter
(Statistisches Taschenbuch Hamburg)
Das Verfahren wurde ohne Berücksichtigung der Einwände durchgezogen
und der Plan im Mai 2000 festgestellt. Um das noch zu toppen, wurde im
Juli 2000 der sofortige Vollzug genehmigt, d.h. trotz hundertfacher Klagen
vor dem Verwaltungsgericht gegen den Planbeschluss sollten vollendete Tatsachen
geschaffen werden. Folgerichtig wurde im Eilverfahren gegen den Sofortvollzug
geklagt. Im Dezember 2000 gab das Verwaltungsgericht einigen Klägern
Recht, was jedoch vom Oberverwaltungsgericht im Februar 2001 kassiert wurde.
Die Klagen in der Hauptsache liegen noch in der ersten Instanz, und wenn
endlich eine Verhandlung angesetzt sein wird, wird das Mühlenberger
Loch zugeschüttet sein.
update August 2001
Kapitelanfang
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