Mühlenberger Loch


Sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses

Kapitelende 

Am 21. Juli 2000 genehmigte sich die Wirtschaftsbehörde auf Antrag der Wirtschaftsbehörde, den von der Wirtschaftsbehörde am 8. Mai 2000 gefassten Planfeststellungsbeschluss sofort vollziehen zu dürfen. Grund sei die Standortentscheidung der Airbus Industrie vom 22.6.2000, Toulouse und Hamburg mit dem Bau des A3XX zu bedenken, und das öffentliche Interesse an Arbeitsplätzen und als europäisches Zentrum der Luftfahrtindustrie. 

Um den Antrag zu untermauern, legt die Wirtschaftsbehörde ein Schreiben der DaimlerChryler Aerospace Airbus (Hamburg Finkenwerder) vom 5. Juli 2000 bei. Es ist nicht direkt an die Wirtschaftsbehörde, sondern an das von dieser beauftragte Planungsbüro BFUB gerichtet. Hier der Wortlaut: 
 

DaimlerChrysler Aerospace Airbus GmbH Postfach 95 Ol 09 21111 Hamberg 

BFUB Hamburg 
Frau Heike HohIfeId 
Hermannstrasse 40-46 
20459 Hamburg 
 

DaimlerChrysler Aerospace Airbus 
Ihr Ansprechpartner Dr. Weber 
Telefon  (040) 74 3-786 86 
Telefax  (040) 74 3-785 85 
Unser Zeichen BNF-25-00 Datum 05.07.00 

Sehr geehrte Frau Hohlfeld, 

unter Bezugnahme auf das am vergangenen Freitag geführte Gespräch teilen wir Ihnen folgendes mit: 

1. Aufgrund der außerordentlich positiven Resonanz (vgl. nachstehend Nr.2) aus dem Markt hat der Aufsichtrat in seiner Sitzung am 22.06.2000 die Airbus Industrie ermächtigt, mit Fluggesellschaften  verbindliche  Vereinbarungen  über  die  Lieferung  des  A3XX abzuschließen. 

2. Aufgrund der Bedeutung des Projekts A3XX für Airbus Industrie (AI) ist ergänzend zu den bisher üblichen Markteinführungsverfahren für Airbus-Programme eine umfangreiche Recherche  bei potentiellen A3XX-Kunden durchgeführt worden,  um in möglichst verlässlicher Form das Interesse des Marktes am A3XX zu ermitteln. Hierbei wurden den Kunden sämtliche für eine mögliche Kaufentscheidung erforderlichen technischen und kommerziellen Daten der A3XX bekannt gegeben. 
Es haben 9 Fluggesellschaften bzw. Leasing-Unternehmen Kaufabsichtserklärungen (z. B. ,Letter of Interest') über insgesamt 56 Flugzeuge abgegeben. 

3. Die durch die ATO (Authorization to Offer, d. Red.) jetzt eingeleitete Phase dient dazu, verbindliche Lieferverträge zu schließen, um dann unverzüglich den rein formal noch erforderlichen Programmstart noch möglichst früh im Laufe dieses Jahres geben zu können. Eine derart nachgeschaltete Entscheidung ist im übrigen üblich. Sie erfolgt grundsätzlich erst nach ATO und dem Abschluss einer namhaften Zahl von verbindlichen Lieferverträgen. 

4. Hohe Repräsentanten von AI und der zukünftigen EADS haben bereits mehrfach in der Öffentlichkeit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass das A3XX-Programm gestartet wird. Es wird in diesem Zusammenhang auf die Verlautbarungen der CEO's NoeI Forgeard, Philippe Camus und Rainer Hertrich verwiesen. Außerdem ist bisher jedes Airbus-Programm, für das die ATO erteilt wurde, anschließend auch tatsächlich realisiert worden ist. 
Der feste Wille, das Programm zu verwirklichen ergibt sich auch aus den hohen Aufwendungen, die AI und die verschiedenen Airbus-Partner bereits in das A3XX-Programm getätigt haben. 

5. AI ist sich bewusst, dass das gesamte bisherige Verfahren, die bereits angesprochenen Presseverlautbarungen von hohen Repräsentanten von AI und die jetzt abzuschließenden Verträge mit festen Lieferterminen einen ganz besonderen Vertrauenstatbestand bei den Kunden von AI schaffen. AI weiß selbstverständlich um die Bedeutung dieses in tatsächlicher und auch in rechtlicher Hinsicht relevanten Faktums. AI wird diesem Vertrauen der Kunden, das sich selbstverständlich nicht nur auf das A3XX-Programm, sondern auf AI insgesamt bezieht, in vollem Umfang gerecht werden. Dies entspricht den Grundsätzen der Unternehmenspolitik von AI. Dass im übrigen eine derart konsistente Unternehmenspolitik auch zur Folge hat, relevante Schadensersatzforderungen von Kunden, deren rechtlich geschütztes Vertrauen durch negative Unternehmensentscheidungen tangiert wäre, zu vermeiden, ist dabei ein nicht gänzlich unwichtiger Nebeneffekt. 

6. Aus den bereits erfolgten Gesprächen mit den Interessenten für den A3XX einerseits und aufgrund unserer umgangreichen Markterfahrung andererseits weiß AI, dass die Erstauslieferungen des A3XX spätestens Ende 2005 erfolgen müssen. Andernfalls ist es nicht möglich, zum jetzigen Zeitpunkt feste Liefervereinbarungen mit den Kunden abzuschließen. Für diese ist die Einhaltung zugesagter Liefertermine von nachvollziehbarer Bedeutung. Dies kommt unter anderem darin zu Ausdruck, dass regelmäßig die Nichteinhaltung fest zugesagter Liefertermine mit gravierenden Vertragsstrafenregelungen bewehrt ist. 

7. Die Entscheidung von AI steht unter dem Vorbehalt, dass die Standorte Hamburg und Toulouse ihre Verpflichtungen erfüllen. So muss Hamburg die notwendigen Flächenteile im Mühlenberger Loch zeitgerecht in einem bebaubaren Zustand übergeben, damit der Bau der Produktionseinrichtungen so abgeschlossen werden kann, dass eine termingerechte Auslieferung gemäß ATO sichergestellt ist. 

Vor dem Hintergrund dieser Rahmenbedingungen ist es nun dringend erforderlich, alle notwendigen  Schritte  einzuleiten,  damit  die  Maßnahmen  zur  Herrichtung  der Erweiterungsfläche gemäß vorliegendem Terminplan begonnen werden können. 

Mit freundlichen Grüßen 
 

Puttfarcken 
Dr. Weber

 
 

Dem Schreiben sind Hinweise auf die nicht untätige Konkurrenz bei Boeing, ein Meilensteinplan und eine illustrierte Beschreibung im Stil Modellbaukasten der Arbeitsschritte beigelegt. Eine materielle Verpflichtung wird von den Städten Hamburg und Toulouse verlangt, und zwar im vollen Umfang für welche Arbeitspakete auch immer. Wenn aus dem Bau des A3XX nichts wird, wär's nur peinlich fürs Image von Airbus Industrie. 
Aber AI hat etwas zu bieten, und erklärt nun wie beim Modellbaukasten, welche kniffligen Aufgaben Hamburg zugedacht sind. 

Im Hamburger Werk dürfen vorderer und hinterer Rumpfteil montiert werden. Die Toulouser brauchen die beiden Rumpfsektionen nur noch an das Mittelstück zu stecken, Flügel, Leitwerk, Triebwerke und Fahrwerk anzuschrauben, und schon fliegt das Teil fast von allein wieder nach Hamburg. Hier schließt sich "die sog. Ausstattungsmontage an, bei der der A3XX mit Kabinensystemen sowie mit dem vom Kunden gewünschten Interieur ausgestattet wird. In diesem Bereich entsteht das größte technologische Innovationspotential" (Anordnung  Sofortvollzug 21.7.).Die Möbel zusammen- und einbauen, das weiß die Ikea-geprüfte LeserIn, ist der schwierigste Teil, und das können beim A3XX nur die Hamburger Jungs und Deerns. 
 

Im Planverfahren hiess es, Hamburg bewerbe sich um die Endlinienfertigung, denn die brauche 2000 besonders kompetente Arbeitskräfte im Werk und 2000 bei den Zulieferern. Nun kriegt aber Toulouse die Endlinienfertigung, d.h. ein flugfähiges Teil zu bauen. Aber flugs interpretiert die Wirtschaftsbehörde das in einen Sieg um, denn es gäbe nun nochmal 2000 noch innovativere Arbeiter für die Vorfertigung und die Innenausstattung, und die Zulieferung dazu schaffe ebenfalls 2000 Jobs. Wunderbare Jobvermehrung, das hätte Jesus nicht besser hingekriegt! Wie das Wunder zustandekommt, hat sich der Senat in einem Gutachten ausrechnen lassen, bei dem sogar noch mehr Arbeitsplätze herauskommen. Weil man aber an Wunder nur glauben kann und Wissen eher stört, hält der Senat das Gutachten geheim und verkündet nur einige ausgewählte Daten. 
 

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