Fisch, Politik und Lügen - Update
Auf der vorangehenden Webseite aus dem Jahr 2004 forderten wir vom Naturschutzamt Hamburg:
- dem falschen Eindruck entgegentreten, es
ginge den Elbfischen signifikant besser
- das Artenschutzprogramm fortschreiben
- sich aktiv an der Arbeit WRRL beteiligen
- bei der Bewertung der Lebensfähigkeit der
Fischbestände heutige negative Tendenzen und künftige Eingriffe
berücksichtigen
Vor allem nach der Elbvertiefung 1999 geht es den Fischen in der
Tideelbe nicht besser. Wenn es punktuell mal besser geht, reklamiert es
die Umweltbehörde Hamburg als ihr Verdienst. Wird es schlechter, etwa
durch Sauerstofflöcher und Fischsterben, werden die Oberlieger schuldig
gesprochen. Bei den Prozessen gegen die Elbvertiefung war kein
kritisches Wort von ihr zu hören.
Das Artenschutzprogramm, 1991 verfasst von Dierking&Wehrmann, wurde 2015 von Prof. Thiel (Uni
Hamburg) im Auftrag der Umweltbehörde fortgeschrieben (als "Atlas der
Fische"). Dazu nutzte Thiel auch die Daten der Probebefischungen, die
von den Anliegerländern der Tideelbe seit 2000 zweimal jährlich
durchgeführt wurden, um gemäß der Wasserrahmenrichtlinie den
ökologischen Zustand der Fischbestände zu überwachen.
Die Daten des Fischmonitorings werden von der Flussgebietsgemeinschaft Elbe in einer Datenbank
gesammelt und sind von dort abrufbar. Mit den Probebefischungen ist es
aber wie beim Angeln, mal hat mensch den tollen Hecht am Haken, häufig
aber gar nichts. Es ist schwierig, aus den Rohdaten den Zustand zu
bewerten oder zeitliche Entwicklungen zu filtern. Die letzte amtliche
Auswertung für die Tideelbe stammt aus dem Jahr 2009. Es handelt sich
um ein Gutachten des Büros Scholle&Schuchard. Die Behörden sind
offensichtlich nicht kompetent und Willens, die von ihnen gemessenen
Daten zu verarbeiten.
Im Frühjahr 2018 erklärte der Elbfischer Wilhelm Grube, der eine
Fischerei und Restaurant in Hoopte auf der niedersächsischen Seite der
Elbe oberhalb des Hafens betreibt, er gebe die Fischerei auf, weil die
letzte gewinnbringende Fischart, der Stint, zu selten geworden sei. Ein
Jahr später folgten ihm auch die vier Elbfischer, die (noch) in und
unterhalb Hamburgs fischen. Der Fischwissenschaftler Prof. Thiel
bestätigte die Alarmmeldung der Fischer. Groß war die Überraschung in
der Umweltbehörde Hamburg, hatte doch niemand die Probebefischungen
ausgewertet, noch den Prozess in Leipzig verfolgt, noch den Atlas der
Fische verstanden, noch den Mut, die Elbvertiefung in Frage zu stellen.
Das Büro Scholle&Schuchard wurde beauftragt, die Entwicklung des Stintbestandes
aus den amtlichen Daten zu untersuchen. Es bestätigte die alarmierende
Beobachtung der Fischer: der Stint verschwind't. Zur Fertigstellung des
Gutachtens verkündete am 24.9.2019 Michael Pollmann, Staatsrat der
Behörde für Umwelt und Energie:
"Der Rückgang der Stintpopulation
ist für uns Grund zur Beunruhigung. Deswegen bemühen wir uns um
Aufklärung und Ursachenforschung."
Vor diesem Hintergrund nur die Ursachen zu erforschen, ist nicht nur
naiv, sondern gewollte Zeitschinderei. Vermeiden wollen Pollmann und
seine GRÜNE Partei jede Diskussion über die Ursachen des Stintschwunds, die
Elbvertiefungen, zu denen sie 1999 und auch jetzt Beihilfe geleistet
haben.
Die Konsequenz aus den Defiziten der Datenauswertung ziehen die
Anliegerbehörden der Tideelbe, indem sie weniger Daten erzeugen wollen,
nämlich statt jährlich nur noch alle drei Jahre zu fischen.
Bei einer Inspektion Anfang August 2019 des 1960 fertiggestellten Wehrs
Geesthacht wurde entdeckt, dass der nördliche Teil des Damms von den
Strömungen angegriffen worden war, so dass man sich um die
Standfestigkeit sorgte. Rasch wurde von der Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung (WSV) der Fischpass nördlich des Wehrs als
schuldig verurteilt. Fünf kleine "Wasserfälle" über den Damm, die die
Strömung des Auslaufs des Fischpasses verstärken, um den Fischen im
Getose des Wehrs den Weg zu weisen,
wurden zugeschüttet. Ende August bemerkte die WSV, die Spundwand, die den südlichen Fischpass einfasst, habe sich
um 40 cm geneigt. Das Urteil "schuldig" wurde sofort vollstreckt, indem
der südliche Fischpass komplett verfüllt wurde. Der Aufstieg von
wandernden Fischen in 90% des Elbegebiets ist damit unterbunden. Die
WSV muss das marode Wehr sanieren, gibt sich dafür aber 16 Jahre Zeit.
Man werde Gespräche führen. Man hört: nichts, weder von der WSV, noch
von einer Umweltbehörde, noch von der Flussgebietsgemeinschaft Elbe.
erstellt Februar 2020
Am 28.12.2020 verkündete die
Umweltbehörde, sie habe ein Gutachten vergeben, die Ursachen des
Stintschwunds zu erforschen. Die Kosten des Gutachtens würden sich auf
750.000 Euro belaufen, das Ergebnis 2025 vorliegen. In einer Kleinen
Anfrage in der Bürgerschaft begehrte die CDU(!)-Fraktion, was
untersucht werden, und wer denn das Gutachten erstellen solle. Der
Senat antwortete mit WischiWaschi, und dass der Name des Gutachters
geheim sei. Nachdem "Rettet die Elbe" die Umweltbehörde mit dem
Umweltinformationsgesetz bedrohte, gab sie die Information preis. Der
Gutachter Sven Oesmann arbeitet am Institut für Hydrobiologie der
Universität Hamburg (Prof. Thiel, s.o.). Erstaunlicherweise müssen erst
Methoden entwickelt werden, um zu beproben, wie viele Stinte es in der
Tideelbe gibt. Als Ursachen sollen die Wassergütedaten ausgewertet
werden. Wann und wo und wie viel gebaggert wird, wie stark die
Kinderstuben der Jungfische verlanden, kurz: alles, was man
Elbvertiefung und Baggerei anlasten könnte, steht nicht im Programm des
Gutachtens.
Beim Wehr Geesthacht wurde erst
nach einem Jahr auf Druck von Umweltschützern eine provisorische
Lockströmung über Heberrohre am Nordufer installiert. Der Start am
30.September 2020 kam für einen Teil der Lachse zu spät, denn sie
müssen bis zum November noch hunderte Kilometer bis in ihre
Laichgewässer in Sachsen und Tschechien schaffen. Im Winter wurde die
Heberleitung wegen Eisgang demontiert. Auf einer Videokonferenz am
18.3.2021 auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz,
an der auch der Präsident der Generaldirektion Wasser und Schifffahrt,
H.Witte, teilnahm, waren alle sich einig, dass die Durchgängigkeit der
Elbe am Wehr Geesthacht wieder hergestellt werden müsse, und zwar durch
die WSV des Bundes. Wie schnell das gelingt, ist aber die große Frage.
Dazu "Spirale abwärts".
update März 2021
Wie
man im Bewirtschaftungsplan nach Wasserrahmenrichtlinie an das Problem
"Stint" herangehen sollte, wurde von RdE in einem Betrag zum
Internationalen Elbeforum
14.4.2021 vorgetragen. Das Schema "DPSIR" beginnt mit der Frage nach
dem Verursacher (Driver) und endet mit einer Lösung (Response).
Sogleich wiegelte der Vertreter der Umweltbehörde Hamburg den Verdacht
ab, Hafenbehörde, Elbvertiefung und Baggerungen könnten die Verursacher
sein, dass der Stint verschwind't. Er verwies auf das Gutachten (s.o.).
Das beschäftigt sich im Rahmen des Schemas nur mit den Buchstaben S und
I. Verursacher? Der Kormoran Umweltbehörde hackt doch dem Kormoran
Wirtschaftsbehörde kein Auge aus!
update April 2021
Sauerstofflöcher
Klage der Fischer gegen die Elbvertiefung vor dem Bundesverwaltungsgericht
Kritik am Stint-Gutachten
Gurke mit Fischgeschmack statt Stint mit Gurkenaroma
Wehr Geesthacht: Fischpässe sofort wieder funktionsfähig machen!
Spirale abwärts - verlorene Laichzüge von Wanderfischen gefährden den Bestand
Spirale abwärts - Tabellenkalkulation, update Lachs plus Stint
Gutachten Stint - Auftragsbeschreibung
Betrag zum Internationalen Elbeforum
14.4.2021
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